Motor 353 - Nr. 5, der Problematische

Nach ca. 600 km fehlerfreier Arbeit des Motors, machte ich mich auf den langen Weg nach Berlin. Diese Strecke legte ich gemütlich zurück, da ich die meiste Zeit im Stau stand. Kurz vor Berlin ereilte mich dann ein kurzer Kolbenklemmer, den ich nicht erwartet habe. Der Motor ging kurz aus, als ich den Fuß vom Gas nahm. Ich dachte mir nichts außergewöhnliches dabei. Noch im Rollen ließ sich der Motor neu starten und weiter ging die Fahrt.

Seit dieser Zeit gibt es jedoch ein beunruhigend lautes, drehzahlabhängiges Schnarrgeräusch.

Die Rückfahrt (620 km) verlief völlig problemlos. Ich entschloß mich, dem Geräusch auf die Spur zu kommen und habe den Motor erneut zerlegt.

Da ich nicht über ein Arsenal von Feinmeßinstrumenten verfüge, blieb mir nur die Sicht- und Fühlkontrolle. Ich konnte nichts finden, was gewechselt werden müßte, um eventuellen groben Folgeschäden zuvor zu kommen. Nach dem Zusammenbau, verfolgte mich das Geräusch weiter, das mich an eine Hand voll losem Schweißdraht erinnert, das auf dem Motor zu liegen scheint - laut und stark. 



(Motor start - Leerlauf - Motor aus)

Inzwischen nahm ich mit einer Zylinderschleiferei in meiner alten Heimat Kontakt auf, um das Problem zu klären. Dort bestätigte man mir meinen Verdacht: 

Durch den Klemmer, ist der Kolben "in sich zusammengefallen". Diese Worte umschreiben das Phänomen am genauesten. Bei einem Klemmvorgang wirken gewaltige Kräfte und wenn der Freilauf nicht wäre, kämen noch eine Tonne Trägheit hinzu! Der Kolben ist förmlich kleiner geworden und das Spiel, das er an seiner Unterkante jetzt hat, führt während der Bewegung zwischen OT und UT zum Anschlagen an die Zylinderwand. Aufgrund der um 120° versetzten Pleuel "beschuldigt" man oft den falschen Zylinder, weil man beim Durchdrehen von Hand bei einem anderen Zylinder, der gerade im OT oder UT sich befindet, den "Knacks" dorthin interpretiert. Präzise nachweisen läßt sich das Ganze nur durch aufwendige Messungen. Da der Motor mit jetzt ca. 4.000 km noch sehr neu ist, empfahlen mir die Leute von der Zylinderschleiferei einen neuen Kolben einzubauen. Es gibt keine andere Alternative! Inzwischen habe ich den Kolben mit dem geeigneten Schleifmaß erhalten und werde mich gelegentlich aufraffen, ihn einzubauen. Herzlichen Dank an die Werkstatt in Stahnsdorf, für die schnelle Hilfe! Über Erfolg oder Mißerfolg werde ich hier berichten.


(08.02.03) Heute habe ich mich also aufgerafft und den Motor abermals zerlegt, den geklemmten Kolben Nr. 2 erneuert. Dabei stellte ich fest, daß der oberste Kolbenring des dritten Zylinders bereits sehr schwergängig in der Nut saß. Behutsam habe ich diesen von der Ölkohle befreit und alles wieder zusammengebaut. Nach bereits 4 Stunden war die Garage aufgeräumt und der Tourist fahrfertig! Tolle Zeit, nicht wahr? Und alles alleine! 

Aber das wichtigste für mich: Die leidigen Geräusche sind fort, der Motor klingt nun wieder wie ein gesunder, neuer Wartburgmotor klingen muß! Jetzt heißt es erst einmal, den Motor einfahren!


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Seltene Einblicke in den 2.200 km alten Motor, habe ich wieder einmal mit der Kamera festgehalten. Diese Fotos sind vielleicht eine praktische Anschauung zum Lese- und Bastelstoff von WartburgTuning.

Motor 5 wird noch einmal zerlegt

links: "Beim Kurbeln" zugeschaut.

links unten: Dichtung der Kurbelwelle, früher oder später wird sie undicht und sorgt für den Keim unter 'm Motor.

Pleuel bei der Arbeit:

unten links: OT

unten rechts: UT
Hier sieht man am 2. Kolben die Klemmspuren. Auf dem Foto sieht es schlimmer aus, als in Natura. Abgewischt und blank gerieben, sind die Klemmspuren gar nicht so gravierend. Aber was kann das Auge und die Hand hier schon klären?

(08.02.03) Offensichtlich hatte der Kolben doch eine größere Macke erlitten und tickerte vor sich hin! Jetzt habe ich Ihn ersetzt und der Motor klingt wieder normal. Hoffentlich bleibt das so!
Blick in Richtung Zündkerze/ Brennraum.
Die Pleuel sind mit Werten beschriftet, die Aussagen, welche Kolbenbolzen und Lagergrößen zu verwenden sind. 

Leider gibt es heute keine Auswahl mehr beim Kauf der Lager und Bolzen. 

Pleuel 3
Meine Kolben gehören mit 400 g zur Gruppe V

Pleuel 2
Pleuel 1
Nadellager des oberen Pleuelauges. 

Links die etwas ältere Variante.
Auslaßkanal; der Weg ins "Freie". Rechts neben dem Auslaßkanal: die beiden Fenster des einen Überströmkanals.
Ein weiteres Foto vom Auslaßkanal.
Einlaßkanal mit dem Buckel in der Mitte. 

Rechts neben dem Einlaßkanal: die beiden Fenster des anderen Überströmkanals.