Getriebe BM 353 - Lenkradschaltung einstellen

Sep
13
2008

Erstaunlicherweise hat es immer zahlreiche Wartburgfahrer gegeben, bei deren Wartburg die Lenkradschaltung schwergängig zu schalten war oder die Probleme hatten/ haben, einen bestimmten Gang - meistens den Rückwärtsgang - einzulegen. Ich behaupte, daß das nicht sein muß! Im Gegenteil, die Lenkradschaltung des Wartburg ist unempfindlich, leichtgängig und wartungsarm! Viele verstehen unter wartungsarm wartungsfrei, das ist die Konstruktion natürlich nicht.
Es gibt kaum Gründe, beim Schalten den Schaltgriff in ein und dem selben Auto mehrfach abzubrechen.
Daher hier meine Tipps zur Pflege der Schaltung:

Warum verstellt sich die Schaltung?

Oder anders ausgedrückt, als das Auto neu war, ging alles leicht, niemand hat die Schaltung verstellt, dennoch geht sie nach einigen Jahren schwer! Wie kommt das?
Vorausgesetzt, das Getriebe ist unbeschädigt und die Kupplung arbeitet einwandfrei, entstehen Schaltschwierigkeiten durch nicht durchgeführte Pflege der o.g. 3 Punkte. Die Schaltung verstellt sich aber auch tatsächlich wie von Geisterhand im Laufe der Jahre. Das Schaltgestänge ist vorwiegend an der Karosserie befestigt, demgegenüber ist das Getriebe am Rahmen verschraubt. Im Laufe der Jahre verschleißen die Karosserieauflagegummis, vor allem die im hinteren Bereich (Heck). Der Verschleiß kann bis zu 1,5 cm ausmachen. Die Karosserie nähert sich dem Fahrgestell. In dieser Weise ergeben sich veränderte Einstellmaße der Schaltmechanik, die kaum 1/3 davon toleriert! Dieser Prozeß vollzieht sich allmählich, hinzu kommen völlig ausgeleierte Gummis der Schaltstange und der Vorwählstange. Meistens hat sich auch die Gummilagerung (Brille) am Schalthebel (unter der Verkleidung neben dem Blinkschalter) in Fransen aufgelöst. Die Folge ist eine nicht nur schwergängige Schaltung, sondern auch klappern des Handschalthebels im Leerlauf und ein zu großes Spiel des Selbigen.
Also, wer an seinen Schalthebel mehr als 1,5 cm Schlupf feststellt, bevor sie "greift" sollte vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Nach einem Wechsel irgend welcher Auflagegummis von Karosserie, Getriebe oder Motor, ist eine Kontrolle der Schaltmechanik notwendig.

 

Grundvoraussetzung

getriebe_353_lenkradschaltung_img_1158.jpg
Für die folgenden Einstellarbeiten sind einerseits verschleißfreie Bauteile erforderlich, andererseits die korrekte Einstellung des Lagerbocks.

Der Lagerbock wird in seiner Höhe so eingestellt, daß sich bei der Schalthebel auf dem Schaltrohr ca. 4mm Platz zur Buchse hat. Zur Kontrolle wird die Manschette auf dem Schaltrohr etwas angehoben.  

Schaltgestänge Im Bild zu sehen:

- die Vorwählstange mit Gummirolle mit Kipphebel (an der Spritzwand befestigt),
- der Schalthebel (am Ende des Schaltrohres befestigt),
- etwas versteckt, die Schaltstange mit Gummirolle

Mit der Vorwählstange (1) wird die Schaltgasse des Getriebes gewählt, also:

- ganz unten die Ebene 3. und 4. Gang (Ruhestellung),
- in der Mitte die Ebene 1. und 2. Gang und
- ganz herausgezogen (oben) die Ebene des Rückwärtsganges

Schaltschwierigkeiten (z.B. Rückwärtsgang geht nicht rein) sind meistens auf fehlerhafte Einstellung der Vorwählstange zurückzuführen.
Oft kann mit dem Handschalthebel die Schaltwelle des Getriebes nicht genügend angehoben werden, weil der Handschalthebel schon am Lenkrad anstößt.  

Gummirolle Ob der Hebelweg der Vorwählstange mit dem Weg der Schaltwelle des Getriebes übereinstimmt, ist leicht zu kontrollieren.
Vorwählstange am Gummi lösen. In Ruhestellung (3./ 4. Gang) müssen das Loch im Gummi und der Bolzen des Kipphebels fluchten. Im Bild sieht man hier bereits eine kleine Differenz.  

Gummirolle
Anschließend den "oberen Totpunkt" (Ebene Rückwärtsgang) kontrollieren:
Vorwählstange mit Schaltwelle hochziehen, bis die oberste Ebene eingerastet ist, Kipphebel bis zum Anschlag (Zeige- und Mittelfinger) anheben. Im Bild ist eine Differenz der beiden Bauteile von fast 5 mm zu erkennen (linker Kreis). Klar, das es hier Schwierigkeiten gab, den Rückwärtsgang einzulegen.  

Übersicht Kontern Um diesen Mißstand zu ändern löst man die Konterverbindung und schraubt eben diese Kontermutter um die benötigte Differenz weiter - hier im Beispiel gute 5 mm tiefer.
Oft sitz die Mutter auf dem Kugelzapfen etwas fest und beim Versuch sie zu drehen, dreht man den Kugelzapfen unbemerkt mit und ändert nichts an der Sachlage. Hier sollte man dann mit einer spitzen Zange das Gewinde (den Kugelzapfen) zart festhalten. Es gibt verschiedene Ausführungen dieser Kugelzapfen: Platik, Messing, Eisen; mit Feder und ohne.
Übrigens, wer die Befestigungsschraube am Schalthebel nicht ordentlich befestigt, kann sich einen irreparablen Schaden einhandeln. Diese Schraube erlangt Bedeutung beim Ein- und Auslegen eines Ganges!



Vorwählstange und Schalthebel  

Schalthebel Auf dem Schalthebel sitzt die Schaltstange, verbunden durch ein Kugelgelenk. Ältere Modelle haben statt der Gummibuchse einen Federdämpfer, ähnlich dem am BM 311 verbauten; Das Teil hat dann an jedem Ende einen Kugelgelenkanschluß. Dieses sollte gefettet werden. Normalerweise sitzt es straff. Ein Austausch wird erforderlich, wenn es sich zu leicht trennen läßt.
Wer will schon während der Fahrt plötzlich nicht mehr schalten können, nur weil das Gelenk sich zerlegt hat?
Eine Längenänderung dieses Teils wirkt sich auf den Hebelweg der Leerlaufstellung (Mittelstellung des Schalthebels) - eingelegter Gang (1.+3. bzw. 2.+4.) aus.
Zu kurze Justage bewirkt, daß man den Gang nicht bis zu Ende einlegen kann, zu lange Justage bewirkt, daß man den eingelegten Gang einer Schaltrichtung kaum auslegen kann, um den Leerlauf zu finden.  

Oft beobachtet man völlig aufgelöste Gummis. Sicher, damit kann man noch einen Gang einlegen. Häufig macht man sich durch diesen simplen Fehler jedoch die obere Verkleidung an der Lenksäule kaputt.  

Lagerschalen
Die Gummilagerschalen (unten) können schnell gewechselt werden. Das untere Gummi einfach mit einer Drehbewegung gegen den Uhrzeigersinn herausdrehen. Das Hartplastgleitlager (links) läßt sich anschließend auf der Lenksäule hoch schieben. Zum Wechseln dieses Lagersitzes ist das Lenkrad (eine Schraube) zu demontieren.  

Lenkerlager Gummilager  

Halbschalen
Alle intakten Teile sind gründlich zu reinigen und vor dem Zusammenbauen erneut zu fetten.
Aluminiumabrieb und Staub wirken auf Dauer wie eine Schleifpaste.  

Schaltlager
Sind die Lagerschalen des Schalthebels lose, ausgeschlagen oder defekt, muß der Kerbstift an der Gelenkgabel für die weitere Zerlegung entfernt werden. Hier darf nicht mit Gewalt gearbeitet werden, auch wenn der Stift fest sitzt. Gegebenenfalls muß das Schaltgestänge komplett ausgebaut werden, um am Schraubstock die weitere Demontage vornehmen zu können.  

Schalthebel
Metallisches klappern im Leerlauf, welches direkt vom Schalthebel kommt, deutet auf eine gebrochene Feder hin, die im Normalfall dafür sorgen soll, daß der Vierkant zur Sicherung der Rückwärts-Schaltgasse mit leichter radialer Kraft gegen die Schaltgabel gedrückt wird. Ohne Federdruck kann der Vierkant bei verschiedenen Motordrehzahlen lästige Geräusche machen.

Eine gebrochene Feder auszutauschen ist recht aufwendig.